„Ich hätte mich viel früher mit ihm auseinandersetzen sollen!“
Ich war überrascht, schluckte mein Essen hinunter und fragte: „Mit wem, bitte? Wieso? Um was geht es?“
„Mit Kohl! Es ist wichtig genug. Man kann das alles nicht einfach belassen.“
„Wie, lassen? Das ist doch jetzt belanglos.“
„Findest du? Ich finde, man kann immer noch etwas verändern, dazulernen, das Thema ist unerschöpflich.“
„Aber ist das denn nicht, na ja, vorbei, Geschichte.“
„Das verstehe jetzt ich nicht. Das ist doch immer von Neuem aktuell. Jedes Mal.“
„Tatsächlich? Ich hätte gedacht, dazu ist alles gesagt.“
„Dann würdest du es so machen wollen, wie deine Mutter, deine Großmutter?“
„Natürlich nicht! Die dachten, das geht sie nichts an, sie können eh nichts daran ändern.“
„Eben. Und haben es jedes Mal gleich gemacht. Immer wieder gleich. Immer dasselbe. Aus purer Gewohnheit.“
„Eigentlich haben sie gar nichts gemacht. Sie ließen es laufen, haben sich für unwissend und nicht verantwortlich erklärt.“
„Doch. Ich erinnere mich. Sie haben es jedes Mal gleich gemacht. Keine Veränderung zugelassen oder gar selbst versucht.“
„Was haben sie gemacht?“
„Na, den Kohl.“
„Ich weiß nicht, irgendwie redest du ziemlichen Kohl daher. Also gut, zugegeben, er war ja lange dran. Aber gemacht haben sie ihn nicht und auch nicht jedes Mal, was du das sagst, das verstehe, wer will.“
„Sie haben ihn gekocht, viel zu lange gekocht. Zerkocht.“
„Von was redest du?“
„Na, von dem Kohl.“
„Also, von Helmut Kohl?“
„Wie? Nein. Von Grünkraut, Blaukraut, von Mangold, von Wirsing.“
„Ach so!“
Jetzt brauchte ich Zeit zum Nachdenken.
Ich stand auf und holte mir noch etwas von dem Birnenkompott aus der Küche. Ebenso wie das dazu gereichte Schwein sollte das Kraut von der Gnade später Geburt gesegnet sein. Denn man soll das Gemüse jung verarbeiten, vor der Blüte der Landschaft entnehmen. Und kein Gericht, kein undefinierbarer zerkochter Einheitsbrei, mundet noch. Das ist schon wahr. Mit meiner Birne in der gläsernen, zerbrechlichen Schale kam ich zurück und mußte einfach fragen: „Und Blumenkohl?“
(in 512., Birne antwortet nicht mehr (Betrachtungen, Anschauungen), kommt zwar Ähnliches zur Sprache, es geht aber doch in eine ganz andere Richtung und Kohl kommt nur als randständige Garnitur, nicht einmal als Beilage vor.)
Als auf dem TK- Rosenkohl zu lesen war, Kochzeit 5-6 Minuten, war klar, der verkocht nicht. Ist aber wohl vorgegart. Hat geklappt.
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Das ist einfacher, als irgendwelche nicht genau definierten Gemüseblätter aus dem Garten zu holen und nach grober Einschätzung ihrer Resilienz die Kochzeit auszuprobieren. Die Ergebnisse, kann ich berichten, sind unterschiedlich…
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Schon lange nix mehr von diesem Kohl gehört. Womöglich ist er in Rente gegangen…
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DDR im Schnelldurchlauf abgewickelt, blühende Schwarzkonten, geistig – moralische Wende durchschlagend, heute noch, in der Pandemie, werden Krankenhäuser geschlossen, weil ja nicht rentabel arbeitend, alles ist nach rein monetären Gesichtspunkten ausgerichtet – es gab selten einen erfolgreicheren Kanzler. Das bleibt festzuhalten, ob jemand nun Saumagen mag oder nicht.
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