(1297.) Neulich auf der Messe

„Ach, man kann direkt bei ihnen bestellen? Und sie liefern die dann frei Haus?“ Der Stand mit dem freundlichen und dabei nicht aufdringlichen Präsentationspersonal hatte gelockt, und schon war man im Gespräch, und die nette Verkäuferin ihrer Waren, es war die gegenwärtig hier stattfindende Karrieremesse, bestätigte: „Ja, es entstehen Ihnen keine Zusatzkosten.“ „Das ist vorteilhaft. Ich hätte gern…“ „Ich muss allerdings hinzufügen, wir liefern nur frei Bordsteinkante.“ „Oh. Ich wohne im dritten Stock!“ „Ohne Aufzug?“ „Ja, ist ein altes Haus.“ „Das Problem haben wir öfter. Manche packen das. Andere geben dann auf. Daher auch das Sprichwort, dass das Geld auf der Straße liege.“ „Sie meinen also, wer sich keinen betont hässlichen Flachdachbungalow im Grünen, freilich rundherum schwarzer, vergifteter Kies gestreut gegen den lästigen Bewuchs, leisten kann…?“ „Schon Goethe wusste darum. Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen hat er gesagt. Steht zumindest so in unseren Broschüren. Wer freilich mit nichts weiter als seiner Einbildung ankommt muss sich hintenanstellen. Hin und wieder gibt es einen Überflieger, den nimmt man dann als Beispiel für Chancengleichheit. Wie gesagt, mancher packt einfach an…“ „Und bricht sich dabei ein paar Wirbel!“ „Das kann passieren, zugegeben.“ „Was bleibt denn dann noch?“ „Nun, manche machen bei Firmen Karriere, die nicht so auf die bürgerliche, also möglichst großbürgerliche Herkunft und die dazugehörigen Schulabschlüsse achten.“ „Das sagen sie jetzt! Wo finde ich diese denn?“ „Also nicht hier auf der Messe! Hier sind nur seriöse Firmen!“ „Wie meinen sie das?“ „Ich würde es mal nachts in einer Seitenstraße hinterm Bahnhof versuchen. In einer verrufenen Kneipe oder in einer Shisha – Bar. Im Rockermilieu, im örtlichen Puff. Gleich im Kittchen. Oder…“ „Sie meinen doch nicht, ich soll kriminell werden?“ „Sollen? Gott bewahre! Aber sie haben gefragt.“ „Dann danke ich Ihnen für die Auskünfte…“ „Warten sie. Wir haben da noch diese transportable Karrieretrittleiter. Sicher, die hat nur zwei Stufen… aber einen Bruch hat sich daran auch noch Niemand gehoben.“ „Ach? Die ist ja putzig. Wird die Luft da oben nicht zu dünn?“ „Lachen sie ruhig. Ich weiß von Fällen, in denen Leuten schwindelig wurde und sie schnell wieder herabsprangen. – Ja, und die ist sogar im Angebot. Das ist das Programm ZFH, haben sie vielleicht schon in den Nachrichten gesehen.“ „Diese schräge Reklame? Wo Typen, die sich kaum die Schuhe binden können und keinen verständlichen Satz herausbringen, plötzlich zum Mitarbeiter des Monats werden?“ „Ja, staatlich gefördertes Programm, zaubert Fachkräfte herbei.“ „Das gehört also zu dem seriösen Angebot?“ „Aber sicher. Staatlich geprüft. Trittfest. Also die Leiter und gegen Tritte von oben, die ja nicht ausbleiben.“

Autor: gerlintpetrazamonesh

Ich schreibe Texte und veröffentliche sie. Selbstverständlich, bitte beachten, unter Copyright, also keine gewerbliche Verwendung ohne Einverständnis, private Verwendung gestattet, aber mit Nennung des Autors! Da bin ich stur, es mag ja sein, es ergibt sich noch die eine oder andere Möglichkeit, einen meiner Texte ( um nur die Naheliegenden zu erwähnen: Literaturnobelpreis, Hollywood...) weiter zu verwenden! Selbstverständlich, nicht wahr. So selbstverständlich wie der Autorenname, wie sich der eine oder andere gleich gedacht hat, wie man heute sagt Fake ist, so ein P-Name - ganz ehrlich, so heiß ich nicht, nicht richtig, nicht wirklich. In dieser Realität, z.B. in Ausweispapieren. Aber hier, für meine Geschichten, da nennt mich Petra. Nur der Vollständigkeit halber, die Person auf dem Bild, und hier muß ich mit der Änderung des Bildes schnell auch den Text ändern, das bin nicht ich, sondern mein selbstgewähltes Wappentier, nebenbei schon seit Kindertagen. (Vormals lautete der Text zum da noch passenden ersten Bild, na ja, halt auch so ein Vierbeiner, im Blog: die Dame vom See, das bin auch nicht ich und es ist nur ein Gerücht, dass sie mir einen Füllfederhalter namens Excalibur aus dem Gewässer apportierte. Aber das war ja auch ein Hund, ein richtiger Hund - auch mein Hund (hätte ich sie Morgana le Fay nennen sollen? Vielleicht den Nächsten) - an einem Alpensee, der, nein, die, die hätte das auch gekonnt, nämlich Excalibur apportieren, so ein toller Hund!) Bestimmt schreibe ich auch über sie mal was, aber: Dackel, um das klarzustellen, sind keine Hunde. Zumindest nicht im herkömmlichen, landläufigen Sinn. Dackel sind Wesen höherer Art, wobei boshafte Menschen oft auch einwenden: niedrigerer Art. Aber dazu in ungefähr, also keine Sorge, jedem 100. Textbeitrag mehr! Also gleich im ersten, ersteingestellten, der hier der automatischen Reihung nach der Allerletzte ist. Was jeder Dackel gleich versteht.

8 Kommentare zu „(1297.) Neulich auf der Messe“

    1. Vielen Dank für’s Lob;
      Wer einen Fluchtpunkt, und sei es eine Hütte im Wald, auf den Bergen hat, der fürchtet die stickige Luft der Büros nichts so, stimmts?
      Danke für dein Lob. Keine Ahnung, was untere Mitte heißt (und wir reden vereinbarungsgemäß nicht von deinen Texten), ist ja auch egal, aber es gibt da einen Politiker, der sich dann nahe bei Dir ansiedeln würde, genau, ich meine den, der mit dem Privatflugzeug nach Sylt fliegt. Also Mitte ist demnach meist der Ort, an dem man selbst sich befindet, was ja in mehr als einer Hinsicht auch stimmt. Nur eben nicht unbedingt im Vergleich.

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      1. Ja, tun wir. Nur tut das das Marsmännchen auch: für ihn ist der Mars die Mitte. Und der Kumpel auf irgend einem Planeten bei Proxima Centauri wohnt auch in der Mitte. Und so weiter… Jeder ist in der Mitte seines, das heißt des von seiner Position aus wahrnehmbaren, beobachtbaren Universums. In einem freilich ein wenig an den Haaren herbeigezogenen Sinne hatten die Verfechter des geozentrischen Weltbildes so Unrecht nicht!

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      2. Die Fluchtmöglichkeit hilft – auf jeden Fall. Beim Durchatmen und auch sonst. Deine Definition von Mitte ist für mich stimmig. Es kommt auf die Blickrichtung und die eigene Position an und objektiv ist sie nur von außern. Meine Mitte bezog sich lediglich auf eine berufliche Karriere. Nicht wirklich eine, aber ein bisschen hochgerbeitet schon. So mittig 😉

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